Es gibt einige Namen, die man kennen sollte, wenn man mit seinen Gelotologie-Kenntnissen prahlen will.
Beachten Sie die kurze Liste am Ende dieses Blogs.
Mit Michael Titze mache ich Sie hier bekannt, weil er auf seiner Webseite fünfundfünfzig sehr unterschiedliche, die Gelotologie betreffende, Fragen kurz und verständlich beantwortet.
(Einzelne Fragen / Antworten wiederholen sich bzw. tauchen in veränderter Form mehrfach auf. Egal.)
Hier eine Auswahl:
Was löst das Lachen aus?
Es gibt zunächst den rein körperlichen Reiz, also das Kitzeln. Auch das Lachen anderer Menschen regt uns selbst zum Lachen an. Eine besondere Bedeutung hat aber das Kontrasterlebnis: Wir lachen, wenn der »normale Lauf der Dinge« abrupt unterbrochen wird, wenn plötzlich etwas völlig Unerwartetes eintritt, das unser geregeltes Denken abblockt.
Solange unser »Denkapparat« aktiviert bleibt, lachen wir nicht so intensiv wie bei einer wirklich »primitiven«, also rein körperlichen Reizung. Deshalb verzichtet man beim sog. Reflexlachen (das für therapeutische Zwecke genutzt wird) auf verbale Auslösereize.
Was passiert bei einem Lachkrampf?
Das Lachen ist ein Sieg des Körpers über den Verstand, der beim besten Willen passen muss.
Im Gegenteil: Je mehr sich der Verstand diesem anarchischen Reflex widersetzt, desto schlimmer wird es.
Im echten Lachen wird die lebenslang eingeübte Selbstkontrolle so außer Kraft gesetzt, dass manche Körperfunktionen regelrecht entgleisen können:
So können Tränen fließen, und man macht sich gelegentlich sogar in die Hose. Es kommt zu krampfartigen Muskelzuckungen, die besonders im Bauchbereich schmerzhaft sein können.
Der geregelte Atemfluss wird unterbrochen, so dass viel mehr Luft eingeatmet wird als im Normalzustand. Und die Stimmbänder werden intensiv zum Schwingen gebracht, so dass sich das typische Wiehern und Brüllen ergibt, das man als schallendes Gelächter bezeichnet.
Aber keine Angst: Das dauert nicht ewig. Über kurz oder lang ist dieses physiologische Gewitter verflogen, und der Verstand darf die Urgewalt des Körpers wieder beherrschen.
Warum fangen wir plötzlich an zu lachen, wenn jemand irgendeinen Schwachsinn erzählt?
Es ist das Kontrasterlebnis: Der Zusammenprall von Vernunft und Unvernunft bringt den normalen Ablauf unseres Denkens zu einer Art Entgleisung.
»Wir können nicht mehr …«, heißt es bei solchen Gelegenheiten häufig – und so überlassen wir uns eben der Spontanreaktion unseres Körpers, die sich dann im Lachen entbindet.
Warum lacht der Mensch?
Manche Verhaltensforscher vermuten, dass das Lachen – wie das Weinen und das Schreien – eine ganz archaische Form der Kommunikation ist.
Wer lacht, fühlt sich gut und selbstsicher (das deuten auch die »gefletschten« Zähne an – ein Hinweis auf durchsetzungsfähige Aggressivität!).
Dabei erfüllt das Lachen zwei Funktionen:
Dem Außenstehenden, Gruppenfremden gegenüber soll es Überlegenheit, Spott, Hohn signalisieren, also ein »Auslachen« sein.
nnerhalb der eigenen Bezugsgruppe bringt das Lachen jedoch eine lustvolle Spannungslösung zum Ausdruck, wie sie dann eintritt, wenn eine gemeinsame Aufgabe erfolgreich bewältigt bzw. eine Gefahr gemeinsam abgewehrt wurde.
Demnach wäre Lachen als ein ritualisiertes Triumphgeschrei zu verstehen, das eine Gruppe im Bewusstsein eigener Macht und Überlegenheit bestärkt.
Diese Art des Lachens erfüllt eine wichtige adaptive Funktion: Die Angehörigen der entsprechenden Bezugsgruppe stimulieren sich gegenseitig im lustvollen Erleben von Überlegenheit; sie bauen gemeinsam ein Zusammengehörigkeitsgefühl auf, das Gruppenfremde ausschließt.
Warum muss man oft gerade dann lachen, wenn man eigentlich ernst bleiben muss?
Also zum Beispiel bei Vorträgen, bei Passkontrollen, Beerdigungen usw.?
Das Lachen ist – wie George Orwell einmal erklärte – eine kleine Revolte, also ein trotziges Aufbegehren gegen die Normen von Verstand und Moral. Je rigider diese Normen sind, desto aufregender, spannender, lustvoller ist es, sie zu verletzen.
Unser soziales Zusammenleben wird durch eine Vielzahl von rationalen Normen und Vorschriften geregelt, die unsere ursprüngliche Impulsivität in die Schranken weisen, also hemmen. Im Lachen bricht diese normative Begrenzung schlagartig auf:
Der lachende Mensch regrediert auf eine Entwicklungsstufe, auf der eine rationale Impulskontrolle (noch) nicht funktioniert. Hier übernimmt die »Weisheit des Körper« die Regie, indem sie den rationalen Zwang zur Selbstbeherrschung, Unauffälligkeit, Angepasstheit und gutem Benehmen aushebelt.
Vor dieser impulsiven Trotzmacht müssen Verstand und Gewissen kapitulieren.
Je mehr also bei einer Beerdigung, einem Vortrag oder einer Passkontrolle gegen den anarchischen Lachimpuls angekämpft wird, desto mehr wird dieser verstärkt.
Verbessert Lachen die Laune oder lache ich, weil ich gute Laune habe?
Beides ist richtig: Lachen erzeugt gute Laune und aus einer guten Laune heraus kann ich dann wieder herzlicher und intensiver lachen, so dass noch mehr gute Laune entsteht … Wer sich bewusst entscheidet, ausgiebig zu lachen, setzt also einen positiven Kreislauf in Gang.
Soll man bewusst lachen?
Unbedingt! Leider sperren sich manche Menschen gegen die vielen Anlässe, die sie zum Lachen bringen können.
Wir sollten es umgekehrt machen: systematisch nach komischen Auslösereizen suchen, die den Lachreflex in Gang setzen. Es steht in unserer Macht, dem Alltag viele lustige Seiten abzugewinnen, mit unseren Mitmenschen Scherze und Witze auszutauschen und uns in unserer Freizeit bewusst auf humorige Situationen einzulassen, z.B. uns lustige Filme und Komödien anzusehen.
Wie geht das?
Eine Möglichkeit, um in ein langes und herzhaftes Lachen zu kommen, ist die von Dr. Madan Kataria aus Bombay entwickelte Methode. Sie basiert auf Elementen des Yoga und ist strikt »nonverbal«.
In Indien treffen sich inzwischen tagtäglich Zehntausende von Menschen auf öffentlichen Plätzen, um sich in diesem speziellen Lachen zu üben, zu erheitern und gesundheitlich zu stärken.
Auch in in anderen teilen der Welt haben sich derartige »Lachklubs« bereits etabliert.
Man kann aber auch Tonbänder abhören, auf denen das vielstimmige Gelächter von Menschen aufgenommen ist, die sich mehr als eine halbe Stunde einem derartigen »Reflexlachen« hingeben.
Indem man sich einfach »einklinkt« (was nach wenigen Minuten immer gelingt) ist man ein Teil dieser Lachgruppe, egal ob man daheim im Sessel sitzt oder sich in einem Stau auf der Autobahn befindet.
Kann man Lachen lernen?
Besser müsste es heißen: wieder erlernen! Denn als Kinder haben wir problemlos gelacht, weil wir uns nicht so viele Gedanken über die Reaktion der Umwelt gemacht haben. Wir haben uns weniger kontrolliert, waren weniger auf Selbstbeherrschung eingestellt.
Wer Lachen als Erwachsener (wieder) lernen will, sollte sich deshalb sein inneres Kind zum Vorbild nehmen!
Es ist die spontane Spielfreude des Kindes, die diesen Prozess in Gang setzen kann: Spiel ist kreative Bewegung, die aus dem Bauch kommt. Wer sich zu viele Gedanken macht, wer alles richtig machen will, wer ja nicht unangenehm auffallen oder sich blamieren will, der sollte diesen Weg unbedingt gehen!
Gute Anregungen findet man in den Lachclubs, die es inzwischen vielerorts gibt. Dort wird konsequent nonverbal agiert, also nicht diskutiert (es werden auch keine Witze erzählt!), sondern nur gespielt und gelacht.
Ist es besser allein oder in der Gruppe zu lachen?
Auf jeden Fall in der Gruppe. Lachen ist bekanntlich »ansteckend«. Wenn wir zusammen mit anderen lachen, entsteht eine gemeinschaftliche Heiterkeit, die wir auch von anderen Anlässen her kennen.
Wenn einem die Tränen kommen, wird es dann zuviel?
Lachtränen fließen, weil der sog. Lachmuskel auch die Muskulatur einbezieht, die den Tränensack umschließt. Alles, was dann geschieht, ist reine Befreiung: Wir vergießen nur die Tränen, die wir zuvor zurückgehalten haben.
Wie wird Lachen bei Krankheiten eingesetzt?
Es gibt die Möglichkeit, das reine Reflexlachen zum Beispiel zur Stärkung der Immunabwehr gezielt einzusetzen. Daneben gibt es inzwischen eine Reihe von psychotherapeutischen Verfahren, die – wie etwa die Provokative Therapie – ausdrücklich humorbezogen sind. Hier geht es aber stets um die »Umstellung« selbstschädigender Einstellungen. Der Patient soll lernen, das Leben aus einer anderen, heiteren Perspektive anzupacken. Dass dieser Umstellungsprozess auch mit Lachen einhergeht ist selbstverständlich.
Ist das eine ernsthafte Therapie?
Wie wir in unserem Buch »Therapeutischer Humor« (Fischer TB, Nr. 12650) gezeigt haben, kann ein humorbezogenes Vorgehen bei fast sämtlichen der schon bekannten psychotherapeutischen Verfahren eine sinnvolle Ergänzung darstellen.
Dabei muss man unbedingt zwischen Unterhaltungshumor und therapeutischem Humor unterscheiden. Letzterer zielt nicht darauf ab, den Patienten um jeden Preis zum Lachen zu bringen. Es soll vielmehr ein Prozess angeregt werden, der zu einer selbstbejahenden, mutigen Einstellung führt, die mit Heiterkeit und Lebensfreude einhergeht.
Dies habe ich in meinem Buch »Die heilende Kraft des Lachens beschrieben«. Allerdings gibt es auf dem »Psycho-Markt« auch Angebote, die mit therapeutischem Humor nichts mehr zu tun haben, sondern nur auf den schnellen, reißerischen Effekt abzielen. Diese »Verfahren« sind sicher nicht ernsthaft.
Und die Kassen lachen sich ins Fäustchen …
Lachen »auf Krankenschein« gibt es, zumindest in Europa, bislang nicht. In sehr vielen amerikanischen Krankenhäusern gibt es jedoch fest angestellte »Humorberater«.
»Gelächterzimmer« wurden etabliert, und therapeutisch wirksame Humor- und Lachprogramme werden angeboten. Viele Krankenschwestern und (Kinder-)Ärzte haben sich zum »Klinik-Clown« fortgebildet. Diese erfreuliche Tendenz besteht auch in Deutschland, Österreich und in der Schweiz, wo es eine Reihe von Vereinen gibt, die »Klinik-Clowns« bzw. »Clowndoktoren« ausbilden.
Wo findet man Therapeuten, die einen zum Lachen bringen?
Es gibt nur wenige Therapeuten, die qualifiziert mit therapeutischem Humor arbeiten.
Die meisten haben sich in der Fachgesellschaft »HumorCare« zusammengeschlossen, die ihren Sitz in Deutschland und in der Schweiz hat und Interessierten entsprechende Auskünfte erteilt (s. www.humorcare.com)
Gibt es wirklich Lachclubs und sind sie zu empfehlen?
Der erste »Lach(yoga)club« wurde am 13. März 1995 von Dr. Madan Kataria, dem Urheber von Lachyoga, in Mumbai/Indien gegründet.
Nach seinen Aussagen haben sich Lachclubs auf allen Kontinenten ausgebreitet und es sollen heute circa 6000 Lachclubs in 72 Ländern existieren (Stand 11.2014).
Die Methode des Lachyogas möchte die Praktizierenden mit einfachen, spielerischen Übungen zum Lachen anregen, um die wissenschaftlich nachgewiesenen positiven gesundheitlichen Effekte des Lachens für Körper und Geist zu erzielen.
Grundsätzlich kann jeder Lachyoga in einem Lachclub unter der Leitung eines nach Dr. Katarias Richtlinien ausgebildeten Lachclub-Leiters ausüben. Lachyoga ist eine aerobische Übung, bei der circa 100 Muskeln aktiviert werden, was mit einer leichten Anstrengung einhergeht, bei der auch der Puls ansteigt.
In Zweifelsfällen sollte bei gesundheitlichen Vorbelastungen der behandelnde Arzt konsultiert werden. Eine aktuelle Studie deutet darauf hin, dass Lachyoga bei psychischen Erkrankungen nicht kontrainidiziert ist und bei bestimmten psychischen Erkrankungen messbare positive therapeutische Effekte auslöst.
Wie oft soll man eigentlich lachen – welches Maß ist gesund?
Meine persönliche Empfehlung ist, jede passende Gelegenheit zum Lachen wahrzunehmen. Wer sich einer Gruppe anschließt, in der das »Reflexlachen« praktiziert wird, sollte dies ein bis zweimal in der Woche für jeweils 15-30 Minuten tun.
Kann Lachen auch krankhaft sein?
Ja. Dr. Raymond Moody hat in seinem Buch »Lachen und Leiden« ausführlich über Fälle berichtet, bei denen Lachen ein Krankheitssymptom darstellt. Dies ist insbesondere bei bestimmten neurologischen Erkrankungen der Fall, nämlich bei der Pseudobulbärparalyse, der Muskelatrophie und der multiplen Sklerose.
Wer zu viel lacht wirkt unernst, lächerlich – ist das eine Gefahr?
Lächerlich wirken häufig Menschen, die sich bemühen, möglichst normal zu wirken. Diese Menschen nehmen das Leben viel zu ernst. Das Lachen der anderen empfinden sie als Gefahr, weil sie sich ständig davor fürchten, ausgelacht zu werden. Wenn sie selbst einmal lachen, wirkt dies gekünstelt und verkrampft. Echtes Lachen ist demgegenüber nie lächerlich, möglicherweise aber für sehr ernste Zeitgenossen durchaus befremdlich.
Worüber lachen wir am liebsten?
Diese Frage hat uns schon Erich Kästner aufgeworfen:
»Worüber lacht der Mensch? Er lacht, wenn man ihn kitzelt. Oder er lacht, wenn er andere lachen hört. Aber worüber lacht der Mensch, wenn sein Herz und sein Verstand bei der Sache sind? Das ist rasch gesagt: Er lacht über Kontraste!«
»Kontraste« ergeben sich immer dann, wenn der gewohnte Lauf der Dinge – das, was wir als »normal« auffassen – plötzlich abbricht, wenn etwas Unerwartetes auftritt.
Das kann schon der Fall sein, wenn ein Opernsänger einen Schluckauf kriegt oder eine Autoritätsperson auf der berühmten Bananenschale ausrutscht.
Ob wirklich herzhaft gelacht werden darf, hängt auch von der Kontrolle unseres Gewissens ab. Im Grunde ist jeder Humor mehr oder weniger schadenfreudig. Sigmund Freud führte das Lachen deshalb auf »erspartes Mitleid« zurück. Wer also sehr gewissenhaft ist, wird sich das Lachen in den oben angeführten Fällen »verkneifen«.
Von harmlosen Kontrasten leben etwa absurde Witze, paradoxe Wortspiele und geistreiche Scherze.
Worüber lacht man in anderen Kulturen?
Auch hier sind es grundsätzlich Kontrasterlebnisse. Allerdings bestimmen die kulturellen Gewissensbarrieren, wie viel Schadenfreude dabei einfließen darf.
In der Antike empfand man das herzlose Verhöhnen behinderter Menschen als lustig.
m heutigen China werfen Zoobesucher Krokodilen kleine Küken zum Fraß vor – und amüsieren sich dabei köstlich.
Dies wäre bei uns undenkbar, obwohl auch wir über Normverletzungen lachen. Allerdings beziehen sich diese in der Regel auf weniger grausame Inhalte. Zum Beispiel lacht der deutsche Fernsehzuschauer am liebsten über Zoten, wie Harald Schmidt kürzlich feststellte.
Das liegt auf der Ebene eines Humors, den schon Kinder besonders lieben – wenn man den Aussagen des Psychoanalytikers Ernest Borneman Glauben schenken will, der hunderte von entsprechenden Beispielen analysiert hat.
Was ist Humor?
Die eingängigste Definition des Humors stammt von Groucho Marx, dem bekannten amerikanischen Komiker:
»Humor is reason gone mad« (»Humor ist Vernunft, die verrückt wurde«).
Das »Verrücken« der Grenzen jener Sphäre, in der sich unser in jeder Hinsicht geregeltes Erwachsenenleben abspielt, ist tatsächlich von zentraler Bedeutung. Nur in dieser Sphäre sind wir »normal« – und zwar insofern, als wir genau das denken und tun, was »man« im Allgemeinen von uns erwartet. Damit ist die Spontaneität natürlich eingeschränkt.
Wir können nicht nach Lust und Laune das tun, wonach uns gerade der Sinn steht. Sigmund Freud sprach in diesem Zusammenhang vom »Realitätsprinzip«.
Der Humor bricht diese normative Begrenzung auf. Er eröffnet uns den Zugang zur ungeregelten Welt des Kindes (in uns). In dieser Welt herrscht das kreative Chaos. Sie wird vom Freudschen »Lustprinzip« beherrscht.
Dem Erwachsenen eröffnet sich diese Welt im Traum, aber auch im künstlerischen Wirken – und natürlich im Humor.
Allerdings ist der Humor in beiden Welten verwurzelt: Er ist somit ein Grenzphänomen, das die Welt des Erwachsenen mit der des Kindes »bisoziiert« (Arthur Koestler), um eine Synthese zu schaffen, die »lustig« und gewitzt ist. (Witz, Wissen und Weisheit haben die gleiche etymologische Wurzel!)
Wie kann Humor als Therapeutikum eingesetzt werden?
Indem wir lernen, das Leben »mit positiven Augen« zu betrachten. Dabei sollten wir Niederlagen und Schicksalsschläge bewusst relativieren, nach dem Motto: »Es hätte noch viel schlimmer kommen können!«
Durch diesen abwärts gerichteten Blick können wir uns all der großen und – vor allem – kleinen Dinge bewusst werden, die uns gelungen sind. So entsteht eine heitere Dankbarkeit, die immer wieder optimistisch stimmt – selbst dann, wenn »aus Vernunftsgründen« eigentlich die Flinte ins Korn geworfen werden müsste!
Wie entstehen eigentlich Witze?
Witze sind die Schöpfung von Menschen, die einen Spaß an jeglicher Art von Normverletzung haben.
Da der Witz ein intellektuelles Wortspiel ist, müssen diese Menschen einerseits sehr klug sein, andererseits muss es ihnen Vergnügen bereiten, gerade die Klugheit auf die Schippe zu nehmen.
So entstehen logische Brüche – oder eben »Kontraste« zwischen normalem und absurdem Denken. Wichtig für die Konstruktion eines Witzes ist seine Knappheit und Kürze. Langatmigkeit ermüdet den Zuhörer.
Das Kontrasterlebnis ergibt sich aus der Pointe, der endgültigen Zuspitzung der witzigen Erzählung. Hier lässt sich auch von einem Paradebeispiel der Schlagfertigkeit sprechen.
Nur unter dieser Voraussetzung wird ein Witz, der ursprünglich die Erfindung eines unbekannten Kreativen war, zum Gemeingut, indem er – oft über Jahrzehnte hinweg – weitererzählt wird.
Hilft Humor bei Krankheiten?
Lachen federt Schicksalsschläge ab und vermittelt dem Patienten das Gefühl existenzieller Unverletzbarkeit zurück.
Tatsächlich kann Humor in vielen schwierigen Situationen helfen. Dies gilt etwa, wenn man in eine existenzielle Krise kommt.
Humorvoll zu handeln, entspricht der Kompetenz, das scheinbar Unabänderliche zu relativieren. Diese Kompetenz bedarf eines konsequenten Trainings. Zum Beispiel, indem man übt, unlogische Zusammenhänge herstellen, etwa in Anlehnung an Woody Allen: »Das ewige Nichts ist okay, wenn man entsprechend gekleidet ist.« Oder: »Es ist unmöglich, unvoreingenommen seinen eigenen Tod zu erleben und ruhig weiter zu singen«.
Durch bewusste logische Regelverletzungen und gezielte Blödeleien werden festgefahrene rationale Denkmuster durchbrochen.
Ein Beispiel gibt Karl Valentin: »Wissen Sie schon, dass man ein weiches Ei nicht als Zahnstocher benutzen soll?«. Derartige Blödeleien, konsequent geübt, lassen einen kreativ werden und man kommt unweigerlich auf neue Ideen. Selbst existenziell bedeutsame Probleme werden so relativiert, weil das Unvollkommene und Fehlerhafte im Leben aus einer neuen Perspektive bewertet wird.
Das Mühsame an der Unendlichkeit ist, dass sie so lange dauert.
Vor allem gegen Schluss.
(Einer meiner Lieblinge! Anmerkung Francesco Muzio)
Warum lacht man über Witze über den 11. September, über Krankheit und Tod? Was ist die Funktion solcher Witze?
Das Lachen ist – wie George Orwell einmal erklärte – eine kleine Revolte, also ein Aufbegehren gegen die Normen von Verstand und Moral.
Je rigider diese Normen sind, desto aufregender, spannender, lustvoller ist es, sie zu verletzen. Natürlich ist das unvernünftig, doch der Humor entfaltet sich gerade dort am konsequentesten, wo gesellschaftliche Konventionen übertreten werden, die zu einer kulturell gewünschten Affekthemmung führen sollen.
Sigmund Freud hat die entsprechende Enthemmung, die sich im Lachen ergibt, als Voraussetzung für einen ganz ursprünglichen Lustgewinn gesehen. Obwohl dieser Lustgewinn moralisch bedenklich ist, wirkt er sich trotzdem; immer wieder belustigend aus. George Mikes meinte dazu: Witze sind besser als Kriege. Selbst der aggressivste Witz ist besser als der unaggressivste Krieg.
Wem raten Sie, eine humorbezogene Therapie zu beginnen?
Jedem, der zu gewissenhaft ist, der zu Perfektionismus und skrupulöser Selbstkontrolle neigt.
Das sind Menschen, die in der ständigen Angst leben, etwas falsch zu machen, unangenehm aufzufallen und sich dadurch lächerlich zu machen.
Diese Menschen »denken doppelt«: Sie fragen sich ständig: Was denken die anderen über mich, wenn ich nicht »alles richtig mache«? Diese Menschen müssen einen »Mut zur Unvollkommenheit« (der bereichsweise dem »Mut zur Lächerlichkeit« entspricht) entwickeln, der nur dann entsteht, wenn ich mir weniger Gedanken über mein Tun mache, wenn ich mich spontan und bedenkenlos auf das einlasse, was Spaß macht.
Die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können, ist dabei eine Grundvoraussetzung für diesen heilsamen Einstellungswandel.
Sind innere Zufriedenheit und Lebensfreude wichtiger als ausdrückliches Lachen?
Echtes (herzhaftes) Lachen stellt sich spontan nur dann ein, wenn ich mich von all dem innerlich distanzieren kann, was die natürliche Lebensfreude getrübt hat. Diese »natürliche Lebensfreude« ist jedem Menschen wesensmäßig mitgegeben; sie ist Bestandteil unseres inneren Kindseins.
Wo sie verschüttet ist, hat der »Ernst des Lebens« – als Ausdruck perfektionistischen Erwachsenenlebens – zu sehr die Oberhand ergriffen.
Dies zeigt sich in einem entmutigenden Hang, sich zu viele Gedanken zu machen über die Konsequenzen eigenen Tuns im gesellschaftlichen Zusammenhang.
Man wird so zunehmend gehemmter, lustloser, skrupulöser und ernster. »Das Lachen vergeht«.
Wem es gelingt, sich von dieser perfektionistischen Selbstkontrolle zu befreien, der kommt an seine ursprüngliche Lebensfreude, die sich immer im Lachen äußert, wieder heran.
Welche Funktion hat Lachen? Was bringt es mir, psychologisch betrachtet?
Menschen, die häufig lachen, kommen im sozialen Leben besser an.
Ohne sich bewusst Mühe geben zu müssen, schlagen sie die »zwischenmenschliche Brücke«.
Dabei wirken sie auf ihre Mitmenschen »spritziger«, witziger und einfallsreicher als lachunfähige Griesgrame – vielleicht schon aus dem Grunde, weil das Gehirn lachender Menschen besser mit Sauerstoff und Glückshormonen versorgt wird.
Dies wiederum trägt zu einem wachsenden Selbstvertrauen bei: Menschen, die viel lachen, erleben sich selbst als stark und kompetent, und sie fürchten sich nicht vor sozialen Konflikten!
Deshalb wird das Lachen von manchen Richtungen der Psychotherapie ganz bewusst gefördert.
Wann ist Lachen nicht lustig?
Es gibt seltene Fälle, wo das Lachen ein Krankheitssymptom bei einer neurologischenErkrankung (z.B. Muskelatrophie oder multipler Sklerose) ist. Nur in diesen Fällenist das Lachen nicht lustig.
Bei Lachen aus Schadenfreude wird sich der Adressat dieses Lachens natürlich ebenfalls nicht belustigt fühlen, wohl aber derjenige, von dem dieses Lachen ausgeht!
Was macht Randgruppenwitze lustig?
Der Lustgewinn, der sich in diesem Zusammenhang ergibt, hat ebenfalls etwas mit einem Tabubruch zu tun, nämlich mit der Übertretung des Friedfertigkeits- und Fairnessgebots, auf dem unsere Zivilisation aufbaut.
Wer dies tut, handelt aggressiv. Dies wiederum macht es möglich, sich – zumindest kurzfristig – in einem lustvollen Überlegenheitsgefühl zu erleben, das für manche Lachforscher eine wichtige Voraussetzung für das Entstehen von »Belustigung« ist.
Tatsächlich ging es in den antiken Komödien immer um die Herabsetzung und Entwertung unterlegener Individuen (Behinderte, Stotterer, Narren). Von dieser Tradition lebt der moderne Clown, der sich in der Rolle des »dummen August« freiwillig dem Gespött seines Publikums aussetzt – und so die schon erwähnten belustigenden Überlegenheitsgefühle hervorzurufen hilft.
Ist Schadenfreude tatsächlich die beste Freude?
Moralisch gesehen natürlich nicht! Wenn wir aber wieder an das Lustprinzip denken, das belustigende Affekte gerade dort entbindet, wo es um das Erleben eigener Überlegenheit geht, dann ist dieser Grundsatz nachvollziehbar.
Im Sinne der Degradationstheorie ist das Gewahrwerden von peinlichen Schwächen und Behinderungen bei einem Mitmenschen (speziell dann, wenn er bislang als der Überlegene angesehen wurde!) eine Quelle der Belustigung.
Die Degradationstheorie geht auf Aristoteles zurück, sie war aber auch für die Philosophie der Neuzeit von Bedeutung.
Danach ist das Lachen als ein aggressives Ausdrucksmittel zu verstehen, das den Gegner entwerten, beschämen und demütigen soll. Der Lachende ist der Überlegene, der Verlachte der Unterlegene – und das steigert das Selbstgefühl im Sinne des Lustprinzips („lustvoll“ und „lustig“ haben ja auch die gleiche etymologische Wurzel!).
Das haben sich die Produzenten von Slapstick-Filmen zu Nutze gemacht: Wenn jemand auf einer Bananenschale ausrutscht, verliert er augenblicklich seinen Stand – auch im gesellschaftlichen Sinne. Derjenige, der ihn dabei beobachtet, ist eindeutig in der besseren, überlegenen Position, so dass er dementsprechend etwas zum Lachen hat.
Wo liegt der Ursprung der Schadenfreude?
Der Ursprung der Schadenfreude liegt in den Rivalitätskämpfen von Kindern.
Uns allen ist gemeinsam, dass wir am Anfang unseres Lebens im Vergleich zu Erwachsenen weitgehend inkompetent waren.
Doch im Vergleich zu jüngeren, schwächeren, ängstlicheren, also weniger kompetenten Kinder konnten wir ein Kompetenzvergnügen erleben, das alle Minderwertigkeitsgefühle kompensiert.
Dieser positive Effekt des Abwärtsvergleichs ist für die Stabilisierung des Selbstwertgefühls auch in späteren Lebensphasen von großer Bedeutung.
Daher sind zum Beispiel Comedy-Beiträge im Fernsehen, in denen die »Pleiten« und »Pannen« von benachteiligten Mitmenschen vorgeführt werden, so beliebt.
Wie gefährlich sind Hänseleien unter Schulkindern?
Immer schon wurden scheinbar schwächere Kinder und Jugendliche von ihren Schulkameraden gelegentlich gehänselt.
Das ist insofern ein Bestandteil der Sozialisation, als die Betroffenen dadurch immer auch einen Ansporn bekommen, die entsprechenden Schwächen zu kompensieren.
Doch wenn aus eher harmlosen Neckereien ein regelrechtes, bösartiges Mobbing wird, haben die Opfer in aller Regel keine Möglichkeit, ihre Fehler zu korrigieren.
Er oder sie erfüllen nur noch den einen Zweck, das Selbstwertgefühl der Angreifer in einem gnadenlosen Abwärtsvergleich zu stärken.
So kommt es zu einer Grenzverletzung, die in keiner Weise tolerierbar ist: Wenn Kinder oder Erwachsene durch Mobbing systematisch niedergemacht und in ihrem Selbstwertgefühl beschädigt werden, wird das Selbstwertgefühl so stark erschüttert, dass ernsthafte psychische Schäden die Folge sind und das klinische Syndrom der »Gelotophobie« (= Angst vor dem Lächerlichsein) hervorgerufen werden kann.
Wie lässt sich verhindern, dass aus harmloser Schadenfreude Gehässigkeit wird?
Es gilt die Regel: Je schwächer das eigene Selbstwertgefühl entwickelt ist, desto stärker ist der Wunsch nach einem Abwärtsvergleich, in dessen Folge sich der betreffende Mitmensch als noch schwächer, noch inkompetenter noch peinlicher erweist.
Die dabei entstehende Schadenfreude kompensiert zwar für den Augenblick eigene Minderwertigkeitsgefühle, sie ist aber immer auch ein untrüglicher Hinweis auf die eigene Unsicherheit und Mutlosigkeit.
Daher ist es unerlässlich, gerade Kinder und Jugendliche konsequent zu ermutigen, sich auf eigene Stärken und Kompetenzen zu besinnen und diese in der Gruppe zu trainieren und auszubauen.
Durch diese Ermutigung lassen sich die Auswirkungen früher Beschämungen kompensieren, die insgesamt auf die Überzeugung hinauslaufen: Ich bin nur dann nicht lächerlich, wenn ich es schaffe, andere zu verlachen.
Ist Lachen ansteckend – und warum?
Positive Gefühlsäußerungen wie Lachen oder Jubeln rufen im prämotorischen Cortex (= Region der Gehirnrinde, die die motorischen Abläufe der Gesichtsmuskulatur abbildet) eine starke Reaktion hervor.
Schon das bloße Hören lachender Menschen stimuliert all die Gesichtsmuskeln, die ein lachendes Gesicht modellieren. Das heißt: Wenn man die typischen Geräusche des Lachens hört, wird im Gehirn eben jenes Areal (= prämotorischer Cortex) aktiviert, das für die Steuerung jener Gesichtsmuskeln zuständig ist, die die typische Lach-Mimik entstehen lassen.
Somit ist Lachen auch dann ansteckend, wenn wir den Anlass der Erheiterung der betreffenden Mitmenschen, die wir lachen hören, nicht kennen.
Im prämotorischen Cortex sind die so genannten Spiegelneuronen angesiedelt. Das sind Nervenzellen, die allein durch die Betrachtung mimischer Abläufe bei einem Mitmenschen aktiviert werden. Gleichzeitig werden dabei die damit zusammen hängenden Gefühle wachgerufen.
Britische Forscher fanden heraus, dass akustische Reize, die positive Gefühle (Heiterkeit, Freude, Jubel) hervorrufen, besonders ansteckend sind.
Kann jeder Mensch angesteckt werden, oder fällt es beispielsweise Frauen leichter als Männern oder Kindern leichter als Erwachsenen?
Jeder Mensch kann durch Lachen angesteckt werden. Allerdings gilt: Je stärker eine emotionale Selbstkontrolle (= Selbstbeherrschung) für einen Menschen bestimmend ist, desto schwerer gelingt der Prozess der emotionalen Ansteckung.
Deshalb lassen sich Kinder, die eine solche Selbstkontrolle noch nicht so umfassend eingeübt haben wie Erwachsene, am schnellsten durch das Lachen anderer anstecken.
Da Männer immer noch so sozialisiert werden, dass sie ihre Gefühle zu beherrschen versuchen (bei Jugendlichen gilt das als besonders „cool“), gehe ich davon aus, dass sie sich im allgemeinen nicht so leicht vom Lachen anderer anstecken lassen wie das bei Frauen der Fall ist.
Wo sehen Sie Defizite in Sachen Humor am Arbeitsplatz?
Der Leistungs- und Konkurrenzdruck ist in unserer postindustriellen »High-tech-selfproviding«-Gesellschaft immer größer geworden.
Auf die Dauer behaupten kann sich nur ein Arbeitnehmer, der über eine Menge an kreativer Flexibilität verfügt. Dazu gehören Kompetenzen wie kritische Eigeninitiative, autonome Selbstverantwortung (also »Durchstehvermögen«), soziale Intelligenz und die Bereitschaft, sich ständig weiterzubilden. (So hat der Soziologe Richard Sennett ermittelt, dass ein qualifizierter Arbeitnehmer seine Grundkenntnisse im Laufe seines Berufslebens wenigstens dreimal komplett erneuern muss, wenn er für den Arbeitsmarkt attraktiv bleiben will.)
Dieser Druck, besser sein zu müssen als der Durchschnitt, wird durch die angespannte Arbeitsmarktsituation ständig bestätigt. Die Angst vor dem beruflichen Versagen geht einher mit der Angst, mit den Kollegen nicht mithalten zu können, ihnen fachlich unterlegen zu sein.
So entsteht ein Konkurrenzdenken, das eine heitere Stimmung im zwischenmenschlichen Bereich immer weniger aufkommen lässt.
Es ist so wie in dem Witz, in dem zwei Afrikareisende von einem Löwen verfolgt werden. Beide laufen um ihr Leben. Der eine ruft dem anderen zu: »Hoffentlich sind wir schneller als der Löwe!« – »Mir reicht es völlig, wenn ich schneller bin als du!«, keucht dieser.
In einer beruflichen Situation, in der es Vielen nur noch darum geht, besser zu sein als der Kollege, wird immer weniger miteinander, dafür umso mehr gegeneinander gelacht.
Eventuelle Misserfolge (auch im privaten Bereich), die dem Kollegen unterlaufen, seine charakterlichen und fachlichen Schwächen, sind ein willkommener Anlass, diesen »auf die Schippe zu nehmen«, sich auf seine Kosten lustig zu machen.
(Diese Tendenz zur pseudospaßigen Entwertung hat sich übrigens auch in der Unterhaltungsindustrie durchgesetzt: Die täglichen TV-Comedys leben geradezu davon, peinliche Schwächen von Mitmenschen aufzudecken und diese lustvoll »vorzuführen«.)
So zeichnet sich in unserer »Spaßgesellschaft« ein allgemeiner Trend zur Herzlosigkeit ab. Wie einst in den antiken Komödien wird die Leistungsschwäche des Mitmenschen, der stets ein potentieller Konkurrent ist, zum Anlass genommen, sich über ihn lustig zu machen.
Daraus hat sich auf Seiten der Betroffenen ein neues Syndrom entwickelt: Die »Gelotophobie«, das heißt die Angst vor dem Lächerlichsein, dem Ausgelachtwerden. Sie lässt sich insbesondere bei Menschen nachweisen, die dem Mobbing ausgesetzt sind.
Wie kann es konkret aussehen, wenn es im Job humorvoller zugeht?
Entscheidend ist eine neuartige Spaßkultur am Arbeitsplatz, die von der Idee einer solidarischen Heiterkeit bestimmt wird.
Das muss »von oben« her gesteuert werden! In den Chefetagen sollte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass die Produktivität der Mitarbeiter am einfachsten dadurch verbessert wird, wenn diese ihre kreativen Energien nicht im Stress erzeugenden Konkurrenzkampf vergeuden.
Es müssen daher gezielt die Voraussetzungen für ein gemeinsames Lachen geschaffen werden, das miteinander verbindet und ein Gefühl von Solidarität schafft.
Wenn Witze vorgelesen werden oder Komiker ihre Auftritte haben, regt das sicher auch zum Lachen an. Es ist aber nicht ein Lachen, das Verbindung schafft.
Ein solches entsteht nur dann, wenn über die Ursachen der Ängste gelacht werden kann, die die einzelnen Mitarbeiter dazu bewegen, sich am Arbeitsplatz »wie in Feindesland« zu fühlen.
Eine gute Methode ist zum Beispiel der »Kummerkasten«: Alles, was am Arbeitsplatz zum Ärgernis wird, kann von den Mitarbeitern aufgeschrieben und im Laufe einer Arbeitswoche (anonym) deponiert werden. Zu einem festen Termin – am Besten am Freitagnachmittag – gibt es dann eine Teambesprechung, die von einem Humorberater (Kommunikationstrainer, therapeutischer Clown) angeleitet wird. Die Probleme werden im humordramatischen Rollenspiel in einer sehr offenen und parodistisch übersteigerten Weise in Szene gesetzt.
Die Protagonisten in diesem Rollenspiel müssen durchaus nicht mit den anonymen Berichterstattern identisch sein. Im Gegenteil ist es sehr lustvoll und belustigend, wenn Andere das inszenieren, was man selbst schamhaft im Herzen verschließen möchte. Wichtig ist, dass bei dieser Gruppenarbeit niemand verletzt oder decouvriert wird. Und wenn der Chef »einfach mitspielt«, das heißt sich am Rollenspiel und der anschließenden Besprechung beteiligt, ergibt sich eine heitere Solidarität wie von selbst …
Ergänzt werden diese gruppendynamischen Spiele durch gezielt eingesetzte Lachübungen, zum Beispiel das von Dr. Madan Kataria entwickelte »Lach-Yoga«, das inzwischen weltweit in sog. Lachclubs praktiziert wird. Kataria ist überzeugt, dass dieses komplett nonverbal ablaufende Lachen die Gruppensolidarität eminent aufbaut.
Und wer seine Mitarbeiter zusätzlich schulen möchte, kann diesen die Teilnahme an einem »Humor Immersion Training« (s. Anhang zu meinem Buch »Die heilende Kraft des Lachens«) ermöglichen: Hier werden verschiedene Techniken der systematisch Humorentstehung erarbeitet. Wer diese beherrscht, der braucht sich vor niemqandem zu fürchten, der ihn/sie bloßstellen oder veräppeln könnte …
Haben Menschen, die viel lachen, mehr Erfolg im Beruf?
Wer lacht, gewinnt. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Lachen die (psychosomatischen) »Lebensgeister« weckt. Zum anderen ist Lachen aber auch ein »soziales Schmiermittel«.
Es stellt die kommunikative Verbindung zwischen Menschen her, schafft jene zwischenmenschliche Brücke, über die wir als selbstbewusste und fröhliche Partner zueinander finden.
Griesgrame, die dreinschauen wie Abschmecker in einer Essigfabrik, stoßen sich demgegenüber ab. Denn was einen Menschen wirklich anziehend (attraktiv) macht, ist die Mimik des lachenden oder auch lächelnden Gesichts.
Lassen sich mit Humor Konflikte am Arbeitsplatz lösen?
Lachen ist ein »soziales Schmiermittel«. Wenn Menschen dazu gebracht werden, regelmäßig unbeschwert miteinander zu lachen, werden sie gegenüber der Gelotophobie immunisiert werden.
Sie erleben die vielen Beziehungsfallen, die sich gerade am Arbeitsplatz auftun, als eine kommunikative Herausforderung, die mit Humor freundschaftlich relativiert werden können.
(Die eigentliche Funktion des Humors ist nämlich Relativierung – ganz im Sinne des Mottos »Die Lage ist katastrophal, aber nicht ernst!«)
Wer relativieren kann, wird sich nicht verletzen oder kränken lassen, sondern wird sich mit denjenigen, die eine sarkastische Attacke reiten, nicht nur verbünden, sondern »noch eins draufsetzen«.
Wie sind Sie darauf gekommen, sich beruflich mit Humor zu beschäftigen?
In meiner Arbeit als Psychotherapeut habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele meiner Klienten dazu neigen, die Wirklichkeit zu ernst zu nehmen – was einer Verabsolutierung negativer Erfahrungen führt.
Misserfolge im Leben wie soziale Zurücksetzungen, Fehlleistungen in der Arbeit oder familiäre Enttäuschungen werden für so gravierend eingeschätzt, dass es zum Erleben von negativen Gefühlen (Niedergeschlagenheit, Gekränktsein, Mutlosigkeit, Scham und Angst) kommen muss.
Aus dieser dafaitistischen Stimmungslage heraus erscheint das eigene Leben wirklich nur noch als ein »Jammertal«. Expansive und selbstbejahende Tendenzen verkümmern. Depressive Selbstzweifel und Existenzängste überwuchern das Dasein.
In dieser Lebenslage gibt es eigentlich nur noch den Wunsch, »ein ganz anderer Mensch« zu werden – was aber wiederum eine Verabsolutierung ist.
Der Humor schafft Distanz in dieser unheilvollen emotionalen Verstrickung – zur negativen Situation an sich und zu der verabsolutierenden Art der eigenen Beurteilung.
Indem der Klient lernt, seine schwarzen Gedanken spielerisch »auf die Schippe« zu nehmen, ironisiert er sein eigenes verabsolutierendes Denken.
Das geht etwa so: »Nachdem mich mein Kollege morgens nicht mehr so freundlich grüßt, will ich alles daran setzen, dass der ganze Betrieb mich ausbuht, wenn ich am Arbeitsplatz erscheine!«
Oder: »Der Chef grinste, als ich bei der Besprechung eine Bemerkung machte. Nun gut: Das nächste Mal will ich ihn dazu bringen, dass er brüllend lacht!«
Diese »paradoxe Intention« gelingt am Besten, wenn der Klient zuvor von seinem Therapeuten entsprechend »provokativ« herausgefordert wurde.
Immer geht es darum, die Wertigkeit des verabsolutierenden Denkens nicht zu akzeptierenden, sondern durch eine respektlose Übertreibung »ad absurdum« zu führen.
Dies führt uns gerade der Galgenhumor vor Augen. Das Ergebnis wird eine Relativierung sein, die sich in der Überzeugung äußert, dass alles gar nicht so schlimm ist – und deshalb auch gar nicht so ernst genommen werden braucht.
Oscar Wilde hatte das so ausgedrückt: »Das Leben ist zu wichtig, um ernst genommen zu werden!«
Wir leben in einer Zeit, in der vielen das Lachen vergeht, in der Ängste und Sorgen die Menschen beschäftigen. Sie dagegen propagieren den Humor. Warum?
Sozialforscher sprechen davon, dass wir in einer »Überbietungsgesellschaft« leben. Im Vergleich zu früheren Generationen werden wir fast täglich mit Anforderungen konfrontiert, die unser Fassungsvermögen und unsere Fähigkeiten leicht überfordern können.
So muss ein junger Mensch, der gerade in sein Berufsleben startet, nach Erkenntnissen des amerikanischen Soziologen Richard Sennett davon ausgehen, dass er sein Basiswissen im Laufe der kommenden 40 Jahre mindestens dreimal komplett erneuern muss.
Ältere Arbeitnehmer haben dies vor Jahren schmerzlich erleben müssen, als sie vom EDV-Zeitalter förmlich überrascht wurden: Bewährte Fachkenntnisse erwiesen sich plötzlich als überholt, weil völlig neuartige technologische Kompetenzen am Arbeitsplatz gefordert wurden.
Wer etwa mit Karteikarten, Stenografie und einer Schreibmaschine jahrzehntelang gut über die Runden gekommen war, erlebte sich plötzlich als überflüssiger Nichtskönner, der von seinen jüngeren Mitarbeitern mitleidig belächelt wird.
Doch nicht nur im Arbeitsleben hat uns der Hochleistungsdruck kalt erfasst: Die allgegenwärtige Medienpräsenz führt uns vor, wie wir sein müssen, um den Idealen der »postmodernen« Welt zu entsprechen: Körperlich attraktiv und jugendlich aussehend wie Filmstars, fähig sportliche Höchstleistungen zu erbringen, die nur dann Spaß machen dürfen, wenn sie auch riskant sind und – nicht zuletzt – allzeit »gut drauf« zu sein, zu »Fun«-Aktivitäten aufgelegt, die wir mit einem zahlenmäßig möglichst großen Bekanntenkreis erleben.
Wer dies schafft, kann sich in einer Spaß-Gesellschaft, die von Höchstleistung in jeder Hinsicht geprägt ist, natürlich gut einrichten. Wem dies nicht gelingt, der gehört nicht dazu – und der hat im wahrsten Sinne nichts mehr zu lachen.
Der Humor, den ich propagiere, soll gegen diesen Überbietungsdruck immunisieren.
Er ist demzufolge auch nicht der Stoff, von dem die Spaß-Gesellschaft im Comedy-Stil zehrt.
Dieser Humor ist vielmehr ein Gegenmittel, der uns Wege aufzeigt, wie wir uns von dem unheilvollen Druck, immer (noch) besser sein zu müssen, allmählich befreien können.
Wir sprechen deshalb von »therapeutischem« Humor. Eigentlich müssten wir sogar von einem »philosophischen« Humor sprechen, denn es geht um einen erkenntnismäßigen Einstellungswandel, der uns dazu bringt, über die Zwänge der Überbietungsgesellschaft innerlich lachen zu können.
Wie das geht? Man muss sich einfach auf die Quellen der Freude zurückbesinnen, über die jeder Mensch verfügt.
Um dies zu erreichen, müssen wir die Lebensrealität unserer Kindheit wiederbeleben. Kinder denken weniger logisch, sie machen sich weniger Gedanken um den »Ernst des Lebens«, sie viel mehr in der Gegenwart als in der fernen Zukunft – das tun die Erwachsenen. Dieses »kindliche Gemüt« wieder aufzuspüren ist das Anliegen eines therapeutisch wirksamen Humors. Und ist dies einmal gelungen, dann können die Zwänge des Überbietungsdenkens munter »durch den Kakao gezogen« bzw. relativiert werden.
Warum lachen wir eigentlich, wenn wir gekitzelt werden?
Kitzeln ist ein Spaßangriff, auch »freundliche Aggression« (mock attack) genannt. Beim »Kitzelopfer« baut sich dabei eine gewisse (An-)Spannung auf, die sich lachend auflöst, nachdem sich das »Kitzelspiel« als nicht bedrohlich erwies.
Grundsätzlich kann der Reiz, der beim Kitzeln ensteht, eine körperliche Bedrohung indizieren, besonders, wenn »empfindliche Stellen« mit vielen Nervenendigungen (z.B. Achselhöhlen, Bauch, Leistengegend) attackiert werden.
Sobald dies vom Großhirn aber als harmloses Spiel erkannt wird, verliert die anfängliche Bedrohung ihren Schrecken und entbindet sich in einem entspannenden Lachen.
In diesem Augenblick triumphiert das »Lustprinzip«, d.h. die primäre Lebensfreude des kleinen Kindes.
Psychologisch gesehen, kommt es beim Kitzeln zu einer Interferenz von gegenläufigen Impulsen, die auf Nähe und Flucht ausgerichtet sind.
Neurologisch gesehen, werden gleichzeitig angenehm wirkende Berührungsrezeptoren und Schmerzrezeptoren aktiviert, so dass Lust und Schmerz simultan empfunden werden. Dies ergibt eine Inkongruenz, die zu einer Spannung führt, die sich in einem unkontrollierbaren Lachen wieder abbaut.
Lachen ist also ein uraltes Ventil zum physiologischen Stressabbau – und damit ein körperlicher Schutzmechanismus zur (Wieder-)Herstellung von Ausgeglichenheit und Wohlbefinden.
Dadurch wird in psychologischer Hinsicht die entscheidende Voraussetzung für die Herstellung »entspannter« sozialer Beziehungen geschaffen, was wiederum wesentlich zur Stärkung eigenen Selbstwertgefühls beiträgt.
Warum können wir uns nicht selbst kitzeln?
Um nicht mit einer Fülle von Informationen überlastet zu werden, kann das Gehirn existenziell wichtige von unwichtigen Reizen unterscheiden und in diesem Zusammenhang eine Art Prioritätsliste erstellen.
Ganz oben auf dieser Liste stehen all die Reize, die von außen aggressiv an den Körper herangetragen werden – also Berührungen durch Fremdeinwirkung, die sich existenziell bedrohlich auswirken könnten.
Berührungen, die hingegen etwa von der eigenen Hand herrühren, stehen auf dieser Liste ganz unten – dort wo die existenziell nicht bedrohlichen, harmlosen Stimulierungen rangieren.
In diesem Fall braucht das Kleinhirn, unser motorisches Reaktionszentrum, nicht Alarm zu schlagen. Das Großhirn stuft den betreffenden Berührungsreiz somit als unwichtig ein und interpretiert diesen nicht als ein typisches, d.h. potenziell bedrohliches Kitzeln.
Deshalb spüren wir zum Beispiel die Reibung unserer Kleidung auf der Haut nicht bewusst, jedoch die kleine Stubenfliege, die sich auf unseren Arm setzt, sehr wohl: Dies ist eine uralte Reaktion, die den Menschen vor der Bedrohung durch gefährliche Krabbeltiere wie Spinnen und Skorpione schützen soll.
Wer Humor hat, der …
• … ist in seinem Denken und Handeln flexibler. Humorvolle Menschen sind in ihrer Wahrnehmung nicht so eingeengt wie der rein rationale Typ.
Sie paaren das Althergebrachte (Konventionelle, Normative, Vorgeschriebene) mit dem Neuartigen (Ungewöhnlichen, Verblüffenden).
So sagt der humorvolle Mensch nicht einfach: »Heute geht es mir nicht gut, weil ich Kopfschmerzen habe«, sondern z.B.: »Heute geht es mir nicht gut, weil der Eierpreis wieder aufgeschlagen hat« oder «… weil morgen schon wieder Donnerstag ist«. … Die richtige Antwort ist ihm nicht wichtig.
Viele Antworten sind bloße Ausreden, Rechtfertigungen, Entschuldigungen.
Für den Humorvollen ist alles relativ: Alles kann auch anders sein! So konzentriert sich der Humorvolle eben ganz auf die Frage, die er ihrerseits wieder in Frage stellt.
»Warum hast du das Geschirr noch nicht gespült?« – »Tolle Frage! Das ist mir selbst ein Rätsel.«
• … wendet die »Judo-Methode« an: So wie der Angriff des Gegners im Judo nicht abgewehrt, sondern bewusst verstärkt wird, wird auch der Humorvolle die Attacken übelwollender Mitmenschen nicht nur bestätigen, sondern augenzwinkernd übertreiben.
Dadurch macht er den Angreifer zu seinem Verbündeten.
Beispiel: »Du bist wirklich ein Vollidiot! Man sollte dich auf den Mond schießen!« – »Schiess mich lieber auf den Mars, der Mond ist bereits von Vollidioten überbevölkert«
• … besitzt den »Mut zur Lächerlichkeit«. Das bedeutet, sich nicht der Tyrannei der konventionellen Benimm-Regeln zu beugen, die nur das perfekte Verhalten gelten lassen.
Dadurch erscheint alles, das nicht »perfekt« gesagt oder getan wird, im grellen Licht von beschämender Peinlichkeit. Wer den Mut zur Lächerlichkeit besitzt, der kann sich im wahrsten Sinne des Wortes »un-verschämt« geben, also das lustvoll und unverblümt zu lassen, wofür »man« sich »normalerweise« zu schämen hat.
Wer also z.B. in Gegenwart anderer zu Nervosität neigt, wird seine Aufgeregtheit (etwa das Händezittern) bewusst und in überzogener Weise zur Schau stellen. Wem es in Gegenwart einer schönen Frau die Sprache verschlägt, der wird in auffälliger Weise nach Luft ringen und stammeln.
• … lässt sich vom albernen »Kind in uns« inspirieren. Der »typische Erwachsene« ist vernünftig und ernst.
»Typische Kinder« stehen noch nicht im Bannkreis perfektionistischer Selbstkontrolle, die häufig Anlaß für Schamerlebnisse ist.
Schon Erich Kästner hatte festgestellt, dass nur derjenige wirklich Mensch bleibt, der erwachsen wird und Kind bleibt.
Kinder sind kreative und spielfreudige Akteure, d.h. sie lassen sich nicht von vornherein (reaktiv) auf vorgegebene Spielregeln ein. Wenn es einem Kind z.B. langweilig wird, versucht es, die entsprechende Situation »nach Lust und Laune« zu verändern.