Nicht von mir geschrieben und nicht von KI
Im Juli 2024 erschien bei «The Atlantic» der Artikel «Kamala Harris and the Threat of a Woman’s Laugh». Die Redaktorin Sophie Gilbert hat ihn geschrieben, Tamedia hat den Text auf deutsch übersetzt und in ihren Blättern veröffentlicht.
Ich habe den Beitrag freudig und mit viel zustimmendem Gemurmel gelesen. Frau Gilbert hat da ganz viel reingepackt, das ich in meinen Lach-Seminaren thematisiere.
Viele ihrer Aussage könnte ich mit stapelweise Material untermauern, das ich in all den Jahren als „Lachtrainer“ gesammelt habe. Genau das zu tun habe ich angefangen, merkte aber bald, dass das ausarten – und der Blogbeitrag unappetitlich lang würde.
So klaue ich halt den übersetzten Text und beschränke mich darauf, die eine und andere wichtige Aussagen zwecks Verstärkung prominent zu platzieren und einige Bildchen einzustreuen.
Kamala Harris und die Angst vor dem Lachen einer Frau
Zeigen Frauen öffentlich Gefühle, folgen schnell gehässige Kommentare. Nun wollen Trump und seine Unterstützer mit dieser Masche die erste US-Präsidentin verhindern.
Donald Trump lacht nicht. Er grinst. Er fletscht die Zähne, lautlos. Wenn er zeigen will, dass er tatsächlich Humor hat, verschränkt er die Arme. Oder er schüttelt den Kopf – etwa bei einem Wahlkampfauftritt 2019 in Florida, als er sein Publikum fragte, was man gegen Migranten an der Grenze tun solle, und ein Zuschauer daraufhin rief: «Erschiesst sie!»
Aber Trump lacht praktisch nie laut. Gemäss seiner Nichte Mary Trump hat er das von seinem Vater: Fred Trump habe seinem Sohn eingetrichtert, dass man sich durch Lachen verletzbar mache, «dass man in gewisser Weise seinen Schutz aufgibt, ein wenig die Kontrolle verliert. Und das darf nicht passieren.» Für Trump ist das Lachen klar negativ belastet.
«… dass man in gewisser Weise seinen Schutz aufgibt, ein wenig die Kontrolle verliert. Und das darf nicht passieren.»
Nun wurde Trump überrumpelt vom Tempo, mit dem Kamala Harris wahrscheinlich zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten gekürt wird. Darum tut er sich noch schwer, Angriffspunkte bei ihr zu finden. Doch bei seinem ersten Auftritt nach dem Attentat auf ihn hatte er am 21. Juli in Grand Rapids im Bundesstaat Michigan ein Ziel gefunden: Harris’ Lachen. «Ich nenne sie ‹lachende Kamala›. Haben Sie sie jemals lachen sehen? Sie ist verrückt. An einem Lachen kann man viel erkennen … Sie ist irre.»
Harris lacht tatsächlich. Auf Tiktok machen Videos die Runde, in denen sie bei Podiumsdiskussionen und in Interviews fröhlich kichert und lauthals lacht, und die meisten Kommentatorinnen finden das schlicht liebenswert. «Ihr Lachen ist wohltuend», schrieb eine Frau unter einer Zusammenstellung einiger ihrer Auftritte in der «Daily Mail». «Es ist ehrlich und menschlich», fügte eine andere hinzu, und eine Dritte schrieb: «Ich liebe ihr Lachen. Es gehört wirklich zu ihr.»
«Die Frau lacht ständig dieses lächerliche Lachen (…) sie ist eine absolute Schande, und sie tut den Frauen keinen Gefallen damit.»
Es ist dieser letzte Punkt, an dem einige rechte Politikerinnen sich wohl festbeissen werden – die Vorstellung, dass Harris’ Lachen eigentlich etwas anderes über sie verraten könnte. «Die Frau lacht ständig dieses lächerliche Lachen», sagte die rechtsradikale australische Kommentatorin Teena McQueen letztes Jahr auf Sky News Australia. «Ich weiss nicht, welche Drogen sie nimmt oder was sie permanent so glücklich macht. Aber sie ist eine absolute Schande, und sie tut den Frauen keinen Gefallen damit.»
Frauen, die in der Öffentlichkeit lachen, wurde immer schon ein Mangel an sozialer Zurückhaltung unterstellt oder gar Hysterie oder Wahnsinn. Rechtskonservative betonen, das Lachen von Harris habe mit ihrer psychologischen Verkommenheit zu tun oder mit einer Enthemmung, die mit Drogenkonsum zusammenhänge. Damit wollen sie im Unterbewusstsein der Menschen eine ganz bestimmte Reaktion auslösen: Ekel.
Lachen / Mangel an sozialer Zurückhaltung – Hysterie / Wahnsinn – psychologische Verkommenheit – Enthemmung – Ekel
Die Philosophin Kate Manne stellte in ihrem 2017 erschienenen Buch «Down Girl. The Logic of Misogyny» (dt. «Down Girl. Die Logik der Misogynie») fest, dass Konservative seit langem Abscheu als Waffe einsetzen, wenn sie mit Frauen konfrontiert sind, die politische Macht erlangen wollen. Abscheu, so schreibt Manne, «ist zudem etwas Moralisierendes, was moralische Urteile intensiviert und sogar – in manchen Fällen stark – zur Schaffung neuer beiträgt. Wie sich herausstellt, können schon kleine ‹Anflüge› von Abscheu Menschen veranlassen, jemanden als suspekt oder nichts Gutes im Schilde führend zu beurteilen, selbst wenn solche Einschätzungen eindeutig keine rationale Basis haben – und das Verhalten der Person völlig harmlos oder sogar lobenswert war.»
Und wie die Wissenschaftsautorin Kathleen McAuliffe 2019 im Magazin «The Atlantic» erklärte, neigen Konservative – im Gegensatz zu Liberalen – eher zu Ekelreaktionen, die durch bestimmte Bilder ausgelöst werden. Und das führe wiederum dazu, dass sie «härtere moralische Urteile fällen».
„Abscheu ist etwas Moralisierendes, was moralische Urteile intensiviert und sogar zur Schaffung neuer beiträgt.“
Nun erleben wir es gerade nicht zum ersten Mal, dass die Politik des Ekels – rücksichtslos, aber effektiv – gegen Frauen eingesetzt wird. Als Hillary Clinton 2007 erstmals ankündigte, als Präsidentin kandidieren zu wollen, fragte der rechtskonservative Moderator Rush Limbaugh in seiner Radioshow: «Will dieses Land wirklich dabei zusehen, wie eine Frau Tag für Tag älter wird?» Auch Clintons Lachen wurde verspottet und mit Unbeholfenheit und Verrücktheit assoziiert.
Wenn Trump nun Harris’ Lachen als Beweis dafür anführt, dass sie angeblich «nuts», also irre ist, bezeichnet er damit nicht nur ein charakteristisches Lachen – er schafft damit in den Köpfen seines Publikums auch eine Verbindung zwischen Harris’ emotionalem Auftreten in der Öffentlichkeit und ihrem moralischen Ansehen als politische Führungskraft.
Doch die Konservativen attackieren Harris nicht nur wegen ihres Lachens. Die rechtskonservative TV-Moderatorin Megyn Kelly hat ihr Privatleben ins Visier genommen. Auf X schrieb sie, Harris habe sich «in die kalifornische Politik hinein- und dort dann hochgeschlafen». J. D. Vance, Trumps Kandidat als Vizepräsident, kritisierte Harris einst bei Fox News dafür, dass sie keine Kinder hat, er nannte sie eine «kinderlose Katzendame», die gar kein echtes Interesse an den USA habe.
Bis in die jüngste Vergangenheit bedeutete das Lachen für Frauen eine regelrechte Grenzüberschreitung.
Beide Angriffe zielen darauf ab, Abscheu zu erregen. Beides sind durchsichtige Versuche, die Öffentlichkeit dazu zu bringen, Harris als promiskuitive Opportunistin und als Bedrohung für das traditionelle soziale Gefüge Amerikas zu sehen. Und beides sind völlig fantasielose Argumente, um eine Frau in der Politik zu beschmutzen – was aber vielleicht genau der Grund ist, warum diese es, zumindest bisher, häufig nicht nach oben schaffen.
Diejenigen, die sich von Harris’ Lachen angesprochen fühlen, könnten jedoch einen Grund dafür haben.
In ihrem Buch «The Unruly Woman. Gender and the Genres of Laughter» schreibt die Medienwissenschaftlerin Kathleen Rowe Karlyn, dass Frauen, die in Film und Fernsehen lachen, sich selbst als Subjekte und nicht als Objekte begreifen. Und dass sie ihr Recht auf eine emotionale Reaktion geltend machen, «die Wut, Widerstand, Solidarität und Freude ausdrückt».
Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, als Frauen in den Vereinigten Staaten anfingen, sich vermehrt politisch zu betätigen, machten wilde Gerüchte die Runde, dass Leute, die Variétés oder komische Filme besuchten, sich am Ende zu Tode lachten. «Frauen, die Spass lieben», schreibt die Literaturprofessorin Maggie Hennefeld, «wurden in Angst und Schrecken versetzt, dass ihr hemmungsloses Vergnügen sie zerstören könnte.»
Bis in die jüngste Vergangenheit bedeutete das Lachen für Frauen eine regelrechte Grenzüberschreitung. Unter der Taliban-Herrschaft in Afghanistan wurden (und werden, – Anm.) Frauen verprügelt, wenn sie beim Lachen erwischt wurden, erzählte die ehemalige First Lady Laura Bush in einer Rede im Jahr 2001.
Und als Bülent Arinç 2014 als stellvertretender türkischer Ministerpräsident den Frauen riet, nicht in der Öffentlichkeit zu lachen, da sie sonst ihre «moralische Verderbtheit» signalisieren würden, reagierten türkische Frauen, indem sie in den sozialen Netzwerken Bilder von sich posteten, auf denen sie trotzig lachen. «Die Männer eines Landes, in dem Frauen nicht lachen dürfen, sind Feiglinge», schrieb ein Mann damals aus Solidarität.
«Die Männer eines Landes, in dem Frauen nicht lachen dürfen, sind Feiglinge»
Was die Angriffe auf Harris’ Lachen so bizarr erscheinen lässt: Ihr Lachen ist sowohl echt als auch ansteckend. Es ist das Merkmal einer Frau, die Freude ausdrückt, ohne Neurosen, Unsicherheit oder Unterdrückung.
Lachen hat eine soziale Funktion, es schweisst Menschen zusammen und signalisiert Verbundenheit. Wenn wir in Gruppen sind, lachen wir 30-mal häufiger laut, als wenn wir allein sind.
Akte der nonverbalen Kommunikation sind ein wesentlicher Teil dessen, was uns menschlich macht.
«Lassen Sie mich Ihnen etwas sagen: Ich habe das Lachen meiner Mutter», sagte Harris Anfang des Jahres in der Drew-Barrymore-Show. «Und ich bin mit einer Reihe von Frauen aufgewachsen, die aus dem Bauch heraus gelacht haben. Sie haben gelacht. Sie sassen in der Küche, tranken ihren Kaffee und erzählten grosse Geschichten mit grossem Lachen.» Diese Frauen hätten ihr auch beigebracht, sich nicht von anderen Leuten sagen zu lassen, wie ein Mensch zu sein habe.
Am Ende könnte das, was Trump als Verwundbarkeit interpretiert, der Ausdruck von Kamala Harris’ grösster Stärke sein.
Humor. 😐
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Und die Antwort auf die Frage, warum der Humor Humor heisst.
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